Landgericht Leipzig Drogenhandel: Haftstrafen für Vater und zwei Söhne aus Colditz

Dealen mit Crystal Meth und Cannabis sowie unerlaubter Waffenbesitz: Die Liste der Vorwürfe gegen drei Männer aus Colditz war lang. Nach einer Razzia mussten sich der Vater und seine Söhne vor dem Landgericht Leipzig verantworten. Nun wurde das Urteil gesprochen, das milder ausfällt als anfangs gedacht.

Im Prozess gegen eine Familie aus Colditz hat das Landgericht Leipzig die Angeklagten zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Vater Ralf N. erhielt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Die ebenfalls angeklagten Söhne Uwe N. und Andreas N. wurden zu einer Haftstrafe von je drei Jahren verurteilt. Die Strafe wurde wegen Drogenhandels mit Crystal Meth erlassen. Es wurden zwar Waffen bei der Durchsuchung gefunden. Der ursprüngliche Verdacht des bewaffneten bandenmäßigen Handels erhärtete sich allerdings nicht.

Das Gericht blieb damit unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft für das Strafmaß. Diese hatte fünf Jahre für den Vater und je vier Jahre Haft für die beiden Söhne gefordert. Der Verteidiger des 67-Jährigen hatte auf drei Jahre und neun Monate sowie die Aussetzung des Haftbefehls plädiert. Das beantragten auch die Verteidiger der beiden Söhne, ihr Strafmaß lag jeweils bei zwei Jahren und neun Monaten.

Strafen fielen geringer aus als von der Staatsanwaltschaft gefordert

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft sechs Jahre Haft für Ralf N. und für die Söhne dreieinhalb Jahre und viereinhalb Jahre Gefängnis gefordert. Die Strafen wurden abgemildert, weil der Vorsitzende Richter am Landgericht Leipzig „gravierende Mängel“ beim Ermittlungsverfahren festgestellt hatte. So habe dem Beschluss, die Angeklagten vorläufig festzunehmen, die Rechtsgrundlage gefehlt. Auch hatte die teilweise nicht eindeutige Beweislage zu dem milderen Urteil geführt. So habe eine Drogen-Plantage dem Trio nicht eindeutig anhand von DNA-Spuren zugeordnet werden können. Dass die drei Angeklagten sie tatsächlich betrieben haben, konnte nicht bewiesen werden, obwohl sie sich auf einem Grundstück der Familie befand. Der Vater hatte im Laufe des Prozesses angegeben, die Halle an einen Dritten vermietet und erst später herausgefunden zu haben, dass dieser Drogen anbaute.

Das Gericht blieb zunächst bei der Einschätzung, dass es sich um einen bandenmäßigen Drogenhandel in nicht geringer Menge handelt. Wegen der Mängel im Ermittlungsverfahren komme aber nur eine Strafe für einen minderschweren Fall in Betracht. Die Staatsanwaltschaft ging im Verlauf des Prozesses dann nicht mehr von einem Vorgehen als Bande aus, sondern nur noch von einem Handeln in Mittäterschaft.

Verteidiger kritisierte Zoll und Polizei

Im Laufe des Prozesses hatten die Verteidiger von Ralf N., Uwe N. und Andreas N. die Vorgehensweise bei einer Razzia durch Zoll und Polizei kritisiert. Die Durchsuchungsbescheide seien fehlerhaft gewesen. Zudem hatte der Zoll auch während des Verfahrens noch ermittelt und Unterlagen nachgereicht. Das hatte das Verfahren gefährdet. Der Grund: Die Angeklagten hatten zu diesem Zeitpunkt schon ihre Geständnisse abgelegt. Außerdem sprach der Verteidiger von menschenunwürdigen Umständen. So sei Uwe N. nackt in der Wohnung zu Boden gebracht und gefesselt worden.

Hinweise hatte der Zoll über einen Informant erhalten sowie über sogenannte Telekommunikationsüberwachung des Trios. Außerdem war ein Drogenkurier festgenommen worden, der in engem Kontakt zu den Männern stand. Bereits zu Beginn des Prozesses hatte allerdings der Vater die Schuld auf sich genommen. In einer Einlassung hatte er geschildert, dass er die treibende Kraft des Trios gewesen sei. Seine Söhne seien lediglich Mittäter gewesen. Letztlich verurteilte das Gericht die drei Angeklagten zu gemeinschaftlichem Drogenhandel.

Crystal im Wert von 500.000 Euro gefunden worden

Der Prozess lief seit September 2023. 5,5 Kilogramm Crystal Meth im Wert von einer halben Million Euro, eine Cannabisplantage mit rund 2.600 Pflanzen, sieben Waffen, zwei Luxusautos und 32.000 Euro in bar waren bei einer Razzia im März in Colditz bei Leipzig gefunden worden. Mehr als 200 Einsatzkräfte hatten alles beschlagnahmt.

Vorerst keine Haftstrafe

Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Sowohl die Angeklagten und deren Anwälte als auch die Staatsanwaltschaft erklärten, auf eine Revision zu verzichten. Die drei hatten bereits mehrere Monate in Untersuchungshaft verbracht. Diese Zeit wird von der nun verhängten Haftstrafe abgezogen. Jedoch müssen die drei Männer ihre Strafe nicht direkt antreten. Das Gericht hob die Haftbefehle am Freitag auf. Damit konnten das Trio zumindest vorerst in die Freiheit zurückkehren, wird aber demnächst die Reststrafe antreten müssen.

Familie soll rechtsextremem Netzwerk angehören

Nach MDR-Recherchen soll die Familie zudem einem rechtsextremen Netzwerk angehören. Ihre mutmaßlichen Verbindungen zum Rechtsextremismus wurden im Prozess nicht behandelt. Auch der Innenausschuss des Sächsischen Landtages hatte sich bereits mit Colditz, der Familie N. und den rechtsextremen Strukturen in der Kleinstadt befasst.


LVZ 24.11.2023

Colditz-Prozess: Gericht verurteilt alle Angeklagten zu Haftstrafen – Weihnachten können sie aber zuhause feiern

Kiloweise Crystal, eine Cannabis-Plantage und Waffen: Nach einer Hausdurchsuchung standen drei Männer aus Colditz wegen Drogenhandels in Leipzig vor Gericht. Am Freitag ist ein Urteil gefallen. Der vorsitzende Richter bemängelte allerdings schwere Fehler bei dem Verfahren.

Im Colditz-Prozess wegen Drogenhandels ist am Freitag in Leipzig das Urteil gefallen: Der Angeklagte Ralf N. wurde zu vier Jahren Haft wegen gemeinschaftlichen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Für Andreas und Uwe N. lauten die Strafen jeweils drei Jahre. Das Urteil ist rechtskräftig, da alle Angeklagten und die Staatsanwaltschaft darauf verzichtet haben, Revision einzulegen.

Oberstaatsanwalt Guido Lunkeit hatte zuvor in seinem Plädoyer eine Strafe von fünf Jahren für Ralf N. und jeweils 4 Jahre für die beiden Söhne Uwe und Andreas N. gefordert. Es habe unter anderem durch das Abhören von Telefonaten eine große Menge von Beweismitteln gegeben, die aber aufgrund der Geständnisse der Angeklagten nicht Teil der Verhandlung wurden. Angesichts dieser Geständnisse sprach Lunkeit jedoch davon, dass „möglicherweise nur die Spitze des Eisberges“ Teil der Verhandlungen war und somit womöglich nicht „die ganze Wahrheit“ bekannt sei.

Zwischen einem und 15 Jahren Haft möglich

Keine konkreten Erkenntnisse hatte die Staatsanwaltschaft über die eventuelle Verwendung von Codewörtern für den Drogenhandel in den Telefonaten der Angeklagten. In den Gesprächen untereinander und Dritten war immer wieder von „Felgen“ und „Pflastersteinen“ die Rede. Hier könne nur gemutmaßt werden. Lunkeit war zudem nicht sicher überzeugt, dass eine Bandenmäßigkeit vorlag, die ein höheres Strafmaß gerechtfertigt hätte. Wegen der Hinweise auf eine Mittäterschaft plädierte er daher auf gemeinschaftlichen Handel mit nicht geringen Mengen Betäubungsmitteln. Für diesen Strafbestand sind zwischen einem und 15 Jahren Haft vorgesehen.

Insbesondere die großen Mengen Crystal Meth, einer Droge, die zu großem Schaden bei Konsumenten führe, waren für den Oberstaatsanwalt ein Grund, von sehr schweren Straftaten zu sprechen. Zugleich sprach er von Fehlern beim Verfahren und der Festnahme.

Schwere Fehler bei Durchsuchung in Colditz

Eben diese Fehler bemängelte auch die Verteidigung der Angeklagten, die für Ralf N. drei Jahre und neun Monate, für Andreas und Uwe N. jeweils zwei Jahre und neun Monate Haft forderte. Insbesondere die Durchsuchung der Objekte der Angeklagten wurde beanstandet. So sei dabei der Familienhund erschossen wurden. Zusätzlich habe es eine Vorverurteilung der Angeklagten durch die mediale Berichterstattung und die Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft Chemnitz gegeben, so Curt-Matthias Engel, Anwalt von Ralf N. „Die Familie ist Opfer einer medialen Kampagne geworden.“

Der Anwalt von Andreas N. sprach in seinem Plädoyer davon, dass Ermittlungsergebnisse „rechtsstaatlich grenzwertig“ zustande gekommen seien. So haben die zuständigen Behörden bei der Durchsuchung der Objekte keine Zeugen dabei gehabt, wie es notwendig gewesen wäre. Der Verteidiger von Uwe N. betonte die geringere Beteiligung seines Mandanten an den Geschäften.

Angeklagter Ralf N.: „Ich schäme mich“

Ralf N. nutzte vor der Urteilsverkündung die Möglichkeit, sich für sein Verhalten zu entschuldigen. „Ich schäme mich dafür, diese Sachen begangen zu haben“, sagte der 67-Jährige. Insbesondere für seine Frau und seine Söhne tue es ihm leid.

Der Vorsitzende Richter Andreas Stadler begründete das hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurückbleibende Urteil mit den Fehlern im Verfahren. Die damalige Festnahme der Angeklagten sei kurzzeitig rechtswidrig gewesen, da sie ohne Haftbefehl und Festnahmegrund stattfand. „Das macht einen sprachlos und kann nicht folgenlos bleiben“, mahnte Stadler. Zugunsten der Angeklagten seien auch die Geständnisse und somit das Eingestehen der eigenen Schuld auszulegen.

Auch der Verzicht auf die Rückgabe von Bargeld und einem Luxusklasse-Wagen sah Stadler als Auseinandersetzung der Angeklagten mit deren Verhalten. Insbesondere die entwürdigende Behandlung von Uwe N. bei der Festnahme sei ebenfalls in die Beurteilung eingeflossen. Dieser wurde von den Beamten bei der Verhaftung zeitweise nackt fixiert.

Keine Fluchtgefahr: Verurteilte vorerst auf freiem Fuß

Zulasten der Angeklagten wurde ausgelegt, dass es sich bei Methamphetamin um eine besonders gefährliche Droge handelt, die großen Mengen und die führende Rolle von Vater Ralf N. sowie die einschlägigen Vorstrafen von Uwe N.. Keine Rolle für das Urteil spielten hingegen die beschlagnahmten Waffen. Da diese nicht in der Nähe der Drogen gefunden wurden, liege kein bewaffneter Drogenhandel vor, der ebenfalls ein höheres Strafmaß ermöglicht hätte.

Die Kosten des Verfahrens müssen die Angeklagten zahlen. Da alle drei in Colditz familiär verwurzelt sind, liege keine Fluchtgefahr vor, sagte Stadler. Somit wurde der Haftbefehl aufgehoben und die drei verurteilten Männer sind bis Haftantritt auf freiem Fuß. Weihnachten können sie damit wohl zuhause feiern.

Über fünf Kilo Crystal bei Razzia gefunden

Dem Prozess war eine Razzia im März vorausgegangen. Damals hatten Zollfahnder bei Hausdurchsuchungen in Colditz 5,5 Kilogramm Crystal Meth gefunden. Zudem wurden eine Cannabis-Plantage, mehrere Waffen und teure Autos entdeckt. Die Söhne Uwe und Andreas sowie der Vater Ralf N. standen deswegen seit September vor Gericht.

Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft von einer Bande ausgegangen. Im Laufe des Prozesses äußerte sie aber selbst Zweifel, ob sich das eindeutig beweisen lasse.